1. Mai 2020 - Orgelmusik aus St. Petri mit geistlichem Impuls

Geistlicher Impuls zu EG 286 „Singt, singt dem Herren neue Lieder“

„Jetzt müsste ein Wunder geschehen!“, ein Satz, den viele von uns sicher schon einmal gedacht haben – gerade auch jetzt in der Corona-Zeit. Am Anfang ließen sich die Veränderungen und Einschnitte ja noch mit der Hoffnung ertragen, dass es vielleicht bald auch schon wieder vorbei ist, aber so langsam kommt wohl keiner mehr daran vorbei, sich damit abzufinden, dass es noch über Monate so weitergehen wird.

Schon immer haben sich die Menschen gerade in schweren Zeiten erhofft, dass Gott doch eingreifen möge und mit einem Wunder alles wieder gut machen würde. Ein radikaler Schnitt, ein Umsturz der Verhältnisse, was auch immer… Hauptsache es wird wieder besser, Ruh und Sicherheit kehren wieder ein. Aber was tut man, damit Gott sich erbarmt und in das unheilvolle Gefüge der Welt eingreift? – Man betet. Denn wer zu Gott spricht, den wird er auch erhören, so verspricht es uns die Bibel.

Der Theologe Matthias Jorissen, 1739 in Wesel geboren, legt uns aber noch etwas anderes nahe: Singt dem Herrn! Er fordert die Menschen auf, mit allen Sinnen, mit lauter Stimme und allerlei Instrumenten Gott zu loben und ihn zu bitten, dass er die Not der Menschen doch nicht übersehen möge. Nebenbei bemerkt tut er mit seinem Lied eigentlich genau das, was er von Gott erwartet: Er macht etwas neu. In den Jahren 1793-1798 hat Jorissen die „Neue Bereimung der Psalmen“ verfasst. Er hat dabei die Psalmen noch einmal sorgfältig übersetzt und auf die bekannten Melodien des Genfer Psalters übertragen. Entstanden sind neue Texte, die die alten Worte der Psalmen aufnehmen, um den Menschen in den unterschiedlichsten Situationen des Lebens Kraft, Hoffnung und Zuversicht zu schenken. Das Lied „Singt, singt dem Herren neue Lieder“ (EG 286) ist sicher eines der bekanntesten aus der neuen Sammlung.

Auch wir müssen in diesen Tagen manches neu überdenken und uns auf immer wieder neue Umstände einlassen. Vielleicht ist die Aufforderung ja gar nicht so schlecht: Singt dabei und vergesst nicht, eurem Lob auf vielfältige und immer neue Weise Ausdruck zu geben, denn Veränderungen sind per se ja nichts Schlechtes. Wer Gott singt und lobt, vergewissert sich dessen, was unabänderlich und fest steht: Seine Liebe und Treue. Warum sollte man dabei nicht neue Worte und Weisen wählen? Denn zum Wunder gehört schließlich auch unsere Bereitschaft „neue Lieder zu singen“, uns auf Veränderungen einzulassen. Denn Wunder stellen selten das Alte wieder her – sie eröffnen neue Wege.

 

1) Singt, singt dem Herren neue Lieder, er ist‘s allein, der Wunder tut.
Seht, seine Rechte sieget wieder, sein heilger Arm gibt Kraft und Mut.
Wo sind nun alle unsre Leiden? Der Herr schafft Ruh und Sicherheit;
er selber offenbart den Heiden sein Recht und seine Herrlichkeit.

2) Der Herr gedenkt an sein Erbarmen, und seine Wahrheit stehet fest;
er trägt sein Volk auf seinen Armen und hilft, wenn alles uns verlässt.
Bald schaut der ganze Kreis der Erde, wie unsers Gottes Huld erfreut.
Gott will, dass sie ein Eden werde; rühm, Erde, Gottes Herrlichkeit!

3) Frohlocket, jauchzet, rühmet alle, erhebet ihn mit Lobgesang!
Sein Lob tön im Posaunenschalle, in Psalter- und in Harfenklang!
Auf, alle Völker, jauchzt zusammen, Gott macht, dass jeder jauchzen kann;
sein Ruhm, sein Lob muss euch entflammen, kommt, betet euren König an!

4) Preist ihn, ihr Länder und ihr Meere, und werdet seines Ruhmes voll.
Frohlockt und lobt des Königs Ehre, des Herrn, dem alles dienen soll.
Es kommt, es kommt mit Macht und Stärke der Richter aller Welt herbei,
er stürzt der Sünde Reich und Werke, er herrscht mit Wahrheit, Gnad und Treu.

 

Pastor Michael Glawion

 

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