21. März 2020 - Orgelmusik aus St. Petri mit geistlichem Impuls

Woche 1

Orgelmusik aus St. Petri während der Corona-Pause

Für viele Gemeindeglieder, Freundinnen und Freunde der Kirchenmusik in St. Petri ist der Klang der Orgeln in unserer Kirche im Gottesdienst oder in den Konzerten ein Höhepunkt im Lauf der Woche. Es entstand die Idee, jede Woche eine Choral-Improvisation unseres Organisten Enno Gröhn zu veröffentlichen, die die Trennung von der wunderbaren Musik in unserer Kirche etwas leichter macht.

Woche 1:
Improvisation über den Choral EG 528 "Ach wie flüchtig, ach wie nichtig".

Die Erfahrung des dreißigjährigen Krieges hat die Menschen des 17. Jahrhunderts tief erschüttert. Nicht nur die Wucht des Krieges, sondern auch zahlreiche Seuchen und Krankheiten schienen das Leben der Menschen nur so hinwegzuwehen. Der evangelische Liederdichter Michael Franck (1609-1667) hat diese furchtbare Erfahrung in einem Lied beschrieben:

Ach wie flüchtig,
Ach wie nichtig
Ist der Menschen Leben!
Wie ein NEBEL bald entstehet
Und auch wieder bald vergehet,
So ist unser LEBEN, sehet!

Auch wir erleben im Moment, wie flüchtig alles ist, auf das wir uns so sicher verlassen haben. Ich weiß gar nicht, wie oft ich in den letzten Tagen den Satz gedacht habe: Wer hätte das gedacht…? Wer hätte gedacht, dass wir unser Leben von heute auf morgen so einschränken müssen? Dass wir keine Gottesdienste mehr feiern können?  Dass die Medizin so schnell an ihre Grenzen kommt?

Wir machen alle gerade eine Erfahrung, die wir sicher nie wieder vergessen werden und die Spuren in unserem Leben hinterlassen wird. Viele suchen nach Halt – in den Gemeinschaften, die wir im Moment nicht mehr haben dürfen, in Dingen, die wenigsten ein bisschen das Gefühl geben, dass noch nicht alles entglitten ist.

Das Lied, das Michael Franck gedichtet hat, ist zweifelsohne sehr düster. Leben ist flüchtig wie ein Nebel. Aber schon in der ersten Strophe spielt Franck mit den Worten und lässt eine Hoffnung anklingen. Wenn man „Nebel“ nämlich rückwärts liest, erhält man das Wort „Leben“.

Wir Christen vertrauen darauf, dass uns unser Leben von Gott geschenkt ist. Und dass auch uns das Versprechen gilt, dass Gott einst Noah gegeben hat: Ich will nicht auslöschen, was da lebt, sondern ich will das Leben erhalten und bewahren. (Gen 8,22)

Und so kann auch Michael Franck am Ende seines Liedes hoffnungsvoll schließen:

Ach wie flüchtig,
Ach wie nichtig 
Sind der Menschen Sachen!
Alles, alles, was wir sehen, 
Das muss fallen und vergehen: 
Wer Gott fürcht‘, wird ewig stehen!

Pastor Michael Gawion

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