„ARMUT mitten unter uns“, so war der Artikel im November 1995 im Gemeindebrief der St.-Petri-Kirche überschrieben. Es war die Rede von 419 „Durchwanderern“ (Obdachlosen) in Buxtehude, denen doch aus christlicher Sicht geholfen werden müsse. Zwei Gemeindeglieder und eine Mitarbeiterin der Diakonie setzten sich dafür ein, einigen dieser Betroffenen das Leben etwas zu erleichtern. Der Gedanke der „Buxtehuder Frühstückstafel“ war geboren.
Einmal pro Woche gab es in der Turmkapelle der Kirche ein Frühstück. Dieses Angebot verbreitete sich schnell und so kamen auch bald bedürftige Buxtehuder in die Turmkapelle. Aus dem Frühstück entwickelte sich rasch eine warme Mahlzeit. Es fanden sich auch zunehmend ehrenamtliche Mitarbeiter, die anfangs zu den Buxtehuder Geschäftsleuten gingen und um Lebensmittel für die Frühstückstafel zu bitten, was aber schnell zur Selbstverständlichkeit wurde.
Ohne die finanzielle Unterstützung und die Sachspenden von vielen Menschen aus der Stadt wäre diese Arbeit in dem Umfang nicht möglich gewesen. So konnten schon bald zweimal wöchentlich die Türen der Turmkapelle für die Bedürftigen geöffnet werden.
Bald wurde klar, dass die Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten und nach einer größeren Ausgabestelle gesucht werden musste.
Im September 2002 war es dann soweit, es gab mehrere Räume für eine „Wärmestube“ im Souterrain in der Hansestraße 1. Dieser neue Standort wurde finanziell und ideell stark von den Rotariern unterstützt. Sie sponserten auch ein Auto für den Transport, um Waren von den Märkten abzuholen. Noch heute setzt sich die Jugendorganisation der Rotarier die „Rotaract Club Buxtehude“ für die Belange der Tafel ein, indem sie jedes Jahr die Aktion „Kauf ein Teil mehr“ bei Marktkauf initiieren und mit den Mitarbeitern der Tafel Lebensmittel von den Kunden erbitten.
Ein großer Vorteil der neuen Räume war auch das Vorhandensein einer Waschmaschine und einer Dusche für die Durchreisenden. Ebenso gab es einige Kühlgeräten für die hygienische Aufbewahrung der Lebensmittel.
Durch Förderung des Rotary Clubs, des Lions Clubs und des Lions Clubs Franziska von Oldershausen konnte das Kühlauto angeschafft werden.
Nun konnten auch erweiterte Öffnungszeiten angeboten werden. Es wurde ein Ort für Menschen ohne festen Wohnsitz, Obdachlose aus Buxtehude und sozial benachteiligte Menschen aus der Stadt und der Nachbarschaft. Nicht nur Lebensmittel wurden verteilt, es wurde ein Ort an dem Menschen waren, die sich Zeit zum Zuhören nahmen.
Schon bald schloss sich die Wärmestube dem Dachverband der Tafeln in Deutschland (1993 in Berlin gegründet) an. Träger ist nach wie vor die Kirchengemeinde St. Petri Buxtehude.
Der oberste Grundsatz der Tafeln ist, den Überschuss der Lebensmittelproduktion, der ansonsten vernichtet würde, an Bedürftige weiterzugeben, um die Diskrepanz zwischen Überproduktion und Unterversorgung zu verringern. Dabei geht es nicht darum, den Staat aus seiner Verantwortung zu entlassen, sondern um die aktive Hilfe in Notsituationen. Tafeln wollen nur unterstützen aber nicht voll versorgen.
Seit 2012 besteht in der Tafel das Ladenprinzip. Das heißt, dass die Kunden in den Räumen an den Regalen und Kisten vorbeigehen und sich die Ware aussuchen können, die sie haben möchten. Die Mitarbeiter begleiten diese Vorgehensweise, um möglichst eine gerechte Verteilung zu garantieren.
Es werden insgesamt ca. 560 Erwachsene durch die Tafel unterstützt, dazu gehören ca. 480 Kinder. (Stand April 2018) Jetzt in der Corona-Zeit wird das Konzept der Tafel anders umgesetzt, so dass genaue Zahlen der Kunden nicht zur Verfügung stehen.
Die Kunden der Tafel benötigen einen gültigen Sozialleistungsbescheid vom Sozialamt/Jobcenter. Eine Wohngeldberechtigung ist auch eine Legitimation für den Bezug von Waren aus der Tafel.
Aufgrund dieser Unterlagen bekommen sie eine Tafelkarte, mit der sie sich beim Abholen der Waren ausweisen. Die Ausgabe findet im 14-tägigen Rhythmus statt. Dies nutzen in der Regel 50 - 60 Haushalte pro Ausgabetag. Ein kleiner Kostenbeitrag muss je nach Haushaltsgröße bezahlt werden.
Bei den Bedürftigen sind es überwiegend alleinerziehende Mütter, kranke Menschen, Rentner und Flüchtlinge. Für diese Menschen ist die Begegnung in der Tafel ein Anlass zu Gespräch, Austausch und Sprachvermittlung. Es gibt nicht nur Waren in der Tafel, sondern auch ein „gutes Wort“:
In Kochkursen wurde versucht, gesunde Ernährung und Tipps zum Kochen zu vermitteln.
Seit 2017 wird die Tafel durch Timm von Borstel in Teilzeit geleitet und koordiniert. Es arbeiten etwa 50 ehrenamtliche Mitarbeiter zwischen vier bis sechs Stunden wöchentlich in der Tafel. Unterstützt wird die Arbeit von Menschen aus dem Projekt „zweifach helfen“.
Seit 2017 gibt es eine Ausgabestelle der Buxtehuder Tafel in Horneburg.
Die Tafel wird, wie schon erwähnt, durch Spenden und Sponsoren unterstützt. Buxtehuder Firmen, Märkte, Bürger und die Stadt Buxtehude helfen mit viel Engagement, die finanzielle Lage der Tafel zu konsolidieren. Der Betrieb hat trotz der ehrenamtlichen, unentgeltlichen Mitarbeiter einige Kosten zu bewältigen. So z. B. :
- das Auto - Benzin, Versicherung, Reparatur bei Verschleiß bzw. Beschädigung
- der Müll - beim Sortieren fällt viel Müll an
- der Strom - Kühlraum und -schränke und -truhen
- die Reinigung - Verbrauchsmaterial (Handschuhe, Seife, Schürzen, Jacken/Westen)
In der Corona Zeit ist leider alles etwas anders. Im vergangenen Jahr mussten wir drei Monate die Tafel schließen. In dieser Zeit wurde ein Konzept erarbeitet, das die Versorgung der Kunden, wenn auch in reduzierter Form, wieder ermöglicht. So werden zurzeit Tüten gepackt und unter Pandemie-Regeln an die Kunden verteilt.
Heiderun Land